Es stimmt schon: Man bekommt, wonach man sucht. Seit ich Jacqueline Suskin’s „Every day is a poem“ lese, bekomme ich so viele Gedichte und Poesie wie nie zuvor. Gedichte von mir für mich, ins Handy getippt oder hastig auf Papier notiert, damit die Idee nicht verfliegt, bis meine Finger hinterherkommen. Suskin hat in ihrem Leben mehr als 40.000 Gedichte geschrieben. Die Zahl ist unvorstellbar groß für mich. Poesie ist aber nicht nur, wie sie ihr Geld verdient, sondern auch, wie sie lebt, erzählt sie im Buch. Und ich kann es nachempfinden, auch wenn ich wohl erst 40 notiert habe. Ohne tausend.
Im Buch teilt sie, wie sie das schafft, das Leben poetisch zu verarbeiten. Wie man einen Poesie-Blick bekommt. Dabei ist das Schönste für mich bisher, dass diese Art der Wahrnehmung kleine Momente immens aufwertet: Das heimelig zufriedene Gefühl, wenn abends Waschmaschine und Geschirrspüler leise sprudeln und damit Freizeit beginnt. Die Schönheit der Frau mit dem dicken braunen Schal, die in sich selbst versunken aus dem Fenster vom 40A schaut. Sonnenstrahlen auf Häuserwänden, Pflanzen, die aus den unmöglichsten Ritzen heraus wachsen und der Geschmack von frisch gebrühten Arabica Bohnen im Dämmerlicht um 6 Uhr morgens.
Wenn man Poesie sucht, findet man Poesie. Und wenn man das Schöne im Leben sucht, eben genau das.